Zum 20. Jubiläumstag des Starts seiner Fahrradweltreise beschreibt Biketeam Radreisen Geschäftsführer in unregelmäßigen Abständen seine Erlebnisse auf der fast 2 Jahre langen Tour durch Europa, Asien und Amerika.
Von der Kulturmetropole Wien nach Gyula in Ungarn
Die schöne Stadt Wien haben wir nach bereits einem Pausentag zum Leidwesen von Gaby in strömendem Regen verlassen. Für unseren sehr kleinen Geldbeutel war ein längerer Aufenthalt für unser damaliges Budget leider einfach nicht drin. Wir folgen der träge und unspektakulär dahinfließenden Donau auf einem langweiligen Deichradweg bis Hainburg, der letzten Ortschaft in Österreich. Die Sonne kam heraus und wir haben erstmal bei Kaffee und Kuchen unsere Klamotten vor einer Bäckerei getrocket. Dann wurde es spannend: Wir verließen denn deutschen Sprachraum und auch die ehemalige „harte“ Grenze zwischen Ost und West verursachte gemischte Gefühle. Wir waren nun wirklich unterwegs und werden die gewohnten Gefilde nun eine lange Weile nicht mehr sehen!
Von nun and galten andere „Regeln“
Der Campingplatz den wir ansteuerten war verlassen, verrottet und geschlossen, obwohl in diversen Reiseführern angepriesen. Wir fanden am Naherholungsgebiet am anderen Ende Bratislavas dann das kleine Hotel Flora in einem alten Plattenbau. Entsprechend war die Atmosphäre und wir machten das Beste draus und genossen am nahegelegenen See bei einer Dose slowakischem Bier den warmen Abend.
Die Hauptstadt selbst mit der eigentlich schön gelegenen Burg und der kleinen Altstadt ließen wir links liegen – wir wollten zügig weiter! Nach 10 Kilometern passierten wir die Grenze nach Ungarn und es ging unspektakulär durch kleine Dörfer entlang der flachen Donauebene. Wir waren froh, dann nach 3 Tagen vor Budapest ein paar Berge zu sehen und freuten uns auch schon auf die Hauptstadt. Vorher galt es noch, die riesige Basilika von Esztergom direkt am Donau-Ufer anzuschauen, hier wurden die ungarischen Könige gekrönt – wirklich beeindruckend.
Endlich Budapest. Keine Radwege – grausiger Verkehr auf 6-spuriger Straße und strömender Regen. Da war ein Besuch im warmen Gellert-Bad willkommen und für unsere Verhältnisse damals war der Eintritt günstig, so dass wir unseren gestressten Radler-Muskeln endlich mal etwas Gutes tun konnten!
Wir wohnten im Studentenwohnheim, hatten deshalb schlaflose Nächte (Parties mehr oder weniger rund um die Uhr!) aber wir konnten mal in Ruhe unsere kompletten Radklamotten waschen und in den Gängen trocken. Das wäre in einer doch eher streng reglementierten Jugendherberge oder einem Hotel eher schwierig gewesen.
Nach zwei abwechslungsreichen Tagen im „Paris des Ostens“, wie die Stadt von manchen genannt wird, lag die weite ungarische Tiefebene vor uns. Mir graute etwas vor der langweiligen Strecke auf endlosen, schnurgeraden Straßen, doch der Wettergott meinte es gut mit uns und der Wind blies uns förmlich in Richtung Osten. Wir legten mit knapp über 140km eine der längsten Tagesetappen unserer Reise zurück. Angesichts der über 30kg Gepäck pro Rad waren wir da schon stolz, zumal wir an diesem Tag mit der normalerweise träge dahinfließenden Theiß noch ein kleines „Hindernis“ zu überwinden hatten. Es hatte sehr viel geregnet und die geplante Querung war aufgrund des Hochwassers nicht mehr möglich. Dies hätte einen Umweg von über 50km nach Norden zur Fernstraße bedeutet! Als wir ratlos am Wasserpegel standen sprach uns ein Fischer an und schwupps fanden wir uns mit Rädern und all unserem Gut in seiner kleinen „Nußschale“ wieder und waren in 10 Minuten auf der anderen Seite!
Aufgrund des schönen Rückenwinds war uns nicht nach stoppen zumute und erst in der fortgeschrittenen Dämmerung dachten wir mal an die Suche nach einem Nachtquartier, was sich in der einsamen „Puszta“ erstmal nicht so einfach gestaltete wie von uns vermutet. Überall Weiden, Gärten und bellende Hunde sobald wir näher kamen. Dann fand sich glücklichweise ein nettes, älteres Ehepaar, welches uns gestattete, in deren Garten das Zelt aufzuschlagen.
Kurz vor der ungarisch-rumänischen Grenze lag Gyula, ein Kurort, der u.a. bei Deutschen sehr beliebt war. Jedenfalls fühlten wir uns plötzlich auf dem örtlichen Campingplatz wieder wie Zuhause. Wir genossen ein warmes Bad im schwefligen Wasser, bevor es am nächsten Morgen „ein Land weiter“ geht – Rumänien – wir hatten gemischte Gefühle und waren bereits aufgeregt, was uns wohl erwartet…..