Sobald es in Deutschland kühler wird, kehrt Gregor dem Winter den Rücken und schwingt sich in warmen Gefilden aufs Rennrad. Uns erzählt er von seiner letzten Rennradreise in Kolumbien.
Gregor, du hast schon einige Länder auf dem Rennrad durchquert. Vor drei Jahren Südafrika, zuvor Thailand und Japan und nun Kolumbien. Was macht den Reiz der Ferne aus?
Ferne Länder auf dem Rad zu entdecken versprüht für mich vor allem deshalb einen besonderen Reiz, weil ich sowohl an der Natur als auch an den Menschen nah dran bin. Man erlebt Land und Leute viel näher, als wenn man zum Beispiel im Mietauto unterwegs wäre. Dazu gehe ich gleichzeitig meiner Lieblingssportort nach, bewahre meine Kondition und muss mir keine Gedanken über die Planung des Tages machen – ich habe ja jeden Tag etwas zu tun, was mir Spaß macht. Kolumbien hat sich in der letzten Dekade als Top-Ziel zum Rennradfahren etabliert, was vor allem an dem ganzjährig milden Klima, den gut asphaltierten Pässen und den abwechslungsreichen Landschaften liegt.
Wie waren deine Eindrücke von Kolumbien?
Ich habe Kolumbien als ein wahnsinnig offenes, freundliches Land erlebt. Die Menschen verströmen eine immense Lebensfreude, winken dir am Straßenrand zu und sind neugierig auf dich und wie du ihr Land erlebst. Die Radtour zieht sich durch mehrere Bergzüge der Cordillera, dem höchsten Küstengebirge der Welt. Dort präsentiert sich eine Region, wie sie facettenreicher kaum sein könnte. Die landschaftlichen Reize, das ganzjährig milde Klima und die gastfreundlichen Menschen liefern einen äußerst gelungenen Mix für eine Radsportreise.
Wo genau warst du während deiner Radreise unterwegs?
Insgesamt zwölf Tage in den Bergen rund um Medellín. Die erste Tour war recht entspannt, genau richtig zum Warmradeln. Ich bin über die flache Hochebene von Llano Grande Richtung El Retiro gefahren, einem antiochenischen Dorf im Kolonialstil. Danach erfolgte die erste knackige Steigung. Nach einer rasanten Abfahrt nach Le Ceja ging es weiter in Richtung San Antonio, man fährt durch wunderschöne Berglandschaften. Unterwegs habe ich mich mit Pandequesos gestärkt, die kleinen Brötchen erhält man an jeder Ecke. Man entdeckt auf jeder Tour etwas Neues, die Landschaften sind sogar in diesem eher kleinen Radius total unterschiedlich.
Wie kann man sich die Landschaft vorstellen?
In erster Linie vielfältig. Das ganze Land lässt sich grob in vier Landschaftszonen unterteilen: das Mittelland mit den Bergen der Kordilleren, zwei Küstenstreifen im Norden und Westen und ein Flachland im Südosten mit Teilen der Flussbecken des Amazonas und des Orinoco. Die Region im westlichen Teil, wo sich die Bevölkerung konzentriert, wird von Norden nach Süden von der Kordillere durchquert und vom Rio Magdalena, dem längsten Fluss des Landes und vom Rio Cauca in drei parallele Ketten geteilt: die westliche, die zentrale und die östliche Kordillere. In der mittleren, der Cordillera Central, befinden sich gigantische Vulkanmassive wie der Nevado de Tolima, der Nevado del Ruiz und der Nevado de Santa Isabel, die zum Teil die Fünftausendmeter-Marke knacken. Neben jeder Menge Wald, ist Kolumbien zu großen Teilen Agrarland. Die Ökonomie gründet sich auf dem Anbau von Kaffee, Bananen, Tabak, Baumwolle, Kakao, Zuckerrohr und Mais.
Wie war die Qualität der Straßen?
Sie waren überwiegend sehr gut asphaltiert. Hervorragend sind die Passstraßen hinauf zu den Hochebenen, von wo aus sich tolle Blicke über die Landschaft bieten. Legendär ist natürlich der Pass Escobero – auf einer Distanz von neun Kilometern geht es über neunhundert Höhenmeter bergauf. Bei maximalen Steigungen von über achtzehn Prozent erscheinen die flachen Passagen danach recht harmlos.
Medellín gibt sicherlich auch einiges her, wenn man mal einen Ruhetag einlegen möchte?
Ja genau, die Stadt ist super fortschrittlich. Sie verfügt über eine Metro, Seilbahnen führen dich hinauf in die Berge. Ich habe nach drei Tagen auf dem Sattel einen Tag Pause in Medellín eingelegt. Die Lage im Arrubá-Tal, zwischen den grünbewachsenen Hängen verleiht der Metropole den Beinamen „Stadt des ewigen Frühlings“. Zahlreiche historische Gebäude laden zur Besichtigung ein: die romanische Kathedrale, der gotische Kulturpalast und ein öffentlicher Platz mit Botero-Skulpturen. Durch viele Straßen tönt Musik, vor allem Salsa und Tango. Mit großen Infrastrukturprojekten hat sich die Stadt zu einer der fortschrittlichsten und lebenswertesten Städte Lateinamerikas entwickelt. Nachdem ich in den folgenden beiden Tagen zwei sehr sportliche Etappen auf langen Pässen durch sattes Grün zurückgelegt habe, legte ich noch mal einen Pausentag ein, um nach Guatapé zu fahren, wo man auf den Peñol steigt.
Was ist der Peñol?
Ein riesiger Hinkelstein von fast zweihundert Meter Höhe, den die letzte Eiszeit zurückließ. Eine Treppe mit mehr als siebenhundert Stufen führt auf ihn hinauf, ebenso kein schlechtes Training für die Oberschenkel. Oben angekommen, genießt man die Aussicht auf die wunderschöne Umgebung mit ihren dutzenden Seen. Guatapé selbst gilt als eines der farbenfrohsten Dörfer in Kolumbien und zieht am Wochenende tausende von Besuchern aus Medellín und Umgebung an.
Lässt sich Kolumbien das ganze Jahr über bereisen?
Ja, das Klima ist ganzjährig mild und bietet ideale Bedingungen zum Rennradfahren. Ich denke, es war nicht das letzte Mal, dass ich dort unterwegs war.
Vielen Dank für das Interview.
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